Luciles MS-Schub mit heftigen Folgen

Tja, ich denke der Titel sagt schon alles. Nach drei Wochen bei meinem neuen Arbeitgeber machten sich an einem Dienstagmorgen kribbelnde Hände bemerkbar. Ich kenne dieses Kribbeln und gerate deshalb nicht sofort in Panik, sondern wollte erst schauen, wie es sich entwickelt. Manchmal kommt so etwas und nach einem halben oder ganzen Tag verschwindet dieses Gefühl wieder.

Am nächsten Tag kribbelten meine Füsse jedoch ebenfalls und ich spürte in der Mittagspause, dass ich die Sonne, die ich sonst so liebe und vergöttere, als sehr unangenehm empfand. Sie plagte und blendete mich und löste sogar Schwindel in meinem Kopf aus. Ich liess mir nichts anmerken und machte einfach weiter. Am nächsten Tag rief ich meine Neurologin an, um einen Termin zu vereinbaren. Leider war sie im Urlaub und ich bekam erst eine Woche später einen Termin bei ihr. Ich dachte mir, dass dies so in Ordnung gehen würde, da ich ja nur wenige Symptome hatte.

Die MS-Symptome wurden schlimmer

Am Freitagmittag verabredete ich mich mit meinem Freund zum Mittagessen. Als ich auf ihn zulief, fragte er mich: „Bist Du müde? Du läufst etwas komisch mein Schatz.“ Ich nahm das irgendwie gar nicht richtig wahr und spürte ausser den kribbelnden Händen und Füssen nichts Besonderes. Am Nachmittag arbeitete ich ganz normal weiter und abends trafen wir uns, um mit dem Bus gemeinsam nach Hause zu fahren und unser Wochenende zu geniessen. Bei der Wohnung angekommen kamen dann die Treppen. Da spürte ich, dass mich meine Kräfte in den Beinen verlassen hatten. Ich musste mich regelrecht am Geländer hochziehen. In der Wohnung angekommen schmiss ich mich in meine bequeme Jogginghose und wollte es mir gerade so richtig gemütlich vor dem Fernseher machen. Remo (Mein Freund) kam mit ruhiger Stimme auf mich zu und sagte mir: „Ich glaube wir fahren jetzt in die Notaufnahme mit Dir.” Diese Worte wollte ich nicht hören, doch nach einer kurzen hitzigen Diskussion gab ich nach und willigte ein.

Ist ein MS-Schub wirklich ein Notfall?

Gegen 18.00 Uhr kamen wir in der zentralen Notaufnahme in St. Gallen an. Wow, da war vielleicht was los!! Es kamen richtig viele Leute rein die in einer richtigen Notlage waren, welche natürlich zuerst behandelt werden musste. So kam erst gegen 22.30 Uhr eine Schwester zu mir und bat mich, mit ins Besprechungszimmer zu kommen. Da bemerkte ich erst, in welchem Zustand ich mich gerade befand. Mein linkes Bein war zu müde und reagierte fast nicht mehr auf meine Befehle. Es fühlte sich leblos an. Ich spürte den traurigen Blick meines Freundes hinter mir. Ich musste mich mühsam ins Patientenzimmer schleppen und als die Schwester uns einen Augenblick alleine liess, kamen Enttäuschung und Trauer in mir hoch. Ich weinte fürchterlich und gleichzeitig tat es mir gut. Remo nahm mich tröstend in seine Arme und redete mir Mut zu. „Lucile, wir sind mit zwei Schüben auf der Weltreise klargekommen. Lass Dich nicht entmutigen, wir sind in guten Händen und Dir wird bald geholfen.“

Lucile in der zentralen Notaufnahme in St. Gallen

Ich spürte: Der MS-Schub würde nicht einfach werden

Ich wischte mir meine Tränen ab und gab ihm recht. Bis jetzt ging doch immer alles gut. Wieso sollte mich mein Glück ausgerechnet jetzt verlassen? Ich fasste neuen Mut und wir warteten bis 23.00 Uhr, als endlich der Neurologe zur Besprechung kam. Er untersuchte mich und ich musste die gewohnten Übungen machen. Bei dem Test wurde mir nochmal klar, wie schwach ich war. Meine Beine waren taub und schwer, meine Füsse kribbelten, meine linke Hüfte war komplett gelähmt. Da spürte ich gar nichts mehr und dieses Gefühl zog sich rauf bis unter meine Brüste. Die Arme waren ebenfalls etwas taub und kribbelten. Ich spürte sofort, dass es diesmal nicht einfach werden würde.

Jetzt hiess es, schnell mit der Schub-Therapie starten

Der Arzt sagte mir, dass wir gleich morgen mit der Kortisontherapie beginnen würden, damit der Schub schnell gestoppt werden könne. Ich war erleichtert, denn nur so kann dieser Alptraum ein Ende nehmen! Ich bekam für fünf Tage eine Kortisontherapie verschrieben. Heute ist der fünfte Tag und die Symptome sind immer noch da. Meine Hände fühlen sich an, als hätte ich Sekundenkleber darauf verschmiert. Ich spüre sie, aber ich spüre sie anders. Meine linke Hüfte ist immer noch gelähmt, ebenso wie meine beiden Knie. Ich erwische mich selbst, wie ich dauernd meine Hände anstarre. Ich fühle mich so hilflos und alleine.

Ich möchte nicht den Moralapostel spielen, aber ich bitte all diejenigen, die das hier lesen und vielleicht gesund sind oder zur Zeit keine Beschwerden haben: Seid dankbar dafür, dass der Körper so selbstverständlich funktioniert. Lauft durch den Wald, die Strassen oder das Büro, egal wo Ihr Euch befindet und nehmt Euren Körper bewusst war. Das ist das Einzige, was wirklich zählt! Gesundheit ist einfach alles.

Take care of your Body. It’s the only place you have to live.

JIM ROHN