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Altersabhängige Makuladegeneration – was ist das?

Eine chronische Augenerkrankung wie die altersabhängige oder auch altersbedingte Makuladegeneration (AMD) stellt Betroffene und ihre Angehörigen vor einige Herausforderungen, denn ein Nachlassen des Sehvermögens wirkt sich auf fast alle Lebensbereiche aus. Wir informieren Sie über die Erkrankung und unterstützen Sie und Ihre Angehörigen dabei, mit der neuen Situation besser umgehen zu können.

Was versteht man unter alters­abhängiger Makula­degeneration?

Bei der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) handelt es sich um eine chronische Erkrankung, die mit zunehmendem Alter (etwa ab dem 55. Lebensjahr) häufiger auftritt. Es können beide, aber auch anfangs nur ein Auge von der AMD betroffen sein. AMD entwickelt sich an der so genannten Makula (auch „gelber Fleck“ genannt), die im Zentrum der Netzhaut im Augenhintergrund liegt (Abb. 1).

Die Makula ist etwa so gross wie ein Reiskorn, enthält aber besonders viele Sehzellen und ist im Grunde für das scharfe Sehen verantwortlich. Damit hängen viele Sehleistungen zusammen: Lesen, Erkennen von Gesichtern und feinen Details sowie Unterscheiden von Farben. Die übrige Netzhaut nimmt fast nur Umrisse und Hell-Dunkel-Kontraste wahr.

Abb. 1: Schnitt durch das Auge. Die Makula ist Teil der Netzhaut und für scharfes Sehen besonders wichtig.

Wie entwickelt sich die Erkrankung?

In den Frühstadien der AMD führen Alterungsprozesse dazu, dass Stoffwechselendprodukte in der Netzhaut nicht richtig abgebaut werden können und sich als so genannte Drusen ablagern (Abb. 2). Dadurch entsteht meist noch kein Sehverlust; aber manche Betroffene berichten, dass sie Kontraste nicht mehr so gut wahrnehmen oder sich die Augen nur verzögert auf veränderte Lichtverhältnisse einstellen.

Bei einem Teil der Betroffenen schreitet die frühe AMD zu einer späten AMD voran (Abb. 3). In den Spätstadien unterscheidet man zwischen der trockenen AMD (auch „geografische Atrophie“) und der feuchten AMD (auch „neovaskuläre AMD“).

Abb. 2 Bei der Augenspiegelung kann der Arzt die Netzhaut beurteilen. Die Abbildung zeigt eine Netzhaut mit Drusen (kleine, gelbliche Ablagerungen).

Abb. 3: Einteilung der AMD.

Trockene oder feuchte AMD?

Bei der trockenen AMD gehen die lichtempfindlichen Sehzellen zugrunde; dadurch kommt es zu einem langsam voranschreitenden Sehverlust im zentralen Gesichtsfeld (Abb. 4).  Die trockene Form der AMD kann über die Zeit in eine feuchte AMD übergehen.

Bei der feuchten AMD bilden sich als Reaktion auf die Drusen kleine Blutgefässe unter der Netzhaut – Ärzte sprechen auch von „neovaskulärer“ AMD (Abkürzung: nAMD – neovaskulär bedeutet „neu gebildete Blutgefässe“). Da diese neugebildeten Gefässe weniger stabil und vermehrt durchlässig sind, kann Flüssigkeit oder Blut ins umgebende Gewebe gelangen (Abb. 5). Deshalb nennt man diese Form die „feuchte“ AMD. Das Gewebe lagert Flüssigkeit ein und schwillt an. Flüssigkeitseinlagerungen im Bereich der Makula können das Sehvermögen stark einschränken.

Menschen mit AMD verlieren oft die Fähigkeit, scharf zu sehen. Die Orientierung im Raum bleibt jedoch erhalten, ebenso die Wahrnehmung im Bereich des äußeren Gesichtsfeldes und die Unterscheidung von „hell“ und „dunkel“. Gesichter und Gegenstände, die man direkt anschaut, können oft kaum mehr erkannt werden (Abb. 4), Bewegungen und Strukturen im Augenwinkel dagegen schon.

Im Gegensatz zur trockenen Form der AMD schreitet die feuchte AMD oft deutlich schneller voran; sie lässt sich jedoch gut behandeln, wenn die Therapie frühzeitig begonnen wird.

Abb. 4: Normale Sicht (links) im Vergleich zur Sicht bei vorliegender feuchter AMD (rechts).

Gesundes Auge

Auge mit feuchter AMD

Abb. 5: Gesundes Auge (oben) und Auge mit feuchter AMD (unten). Bei der feuchten AMD bilden sich durchlässige Blutgefässe, aus denen Flüssigkeit in das umgebende Gewebe gelangt. Dadurch schwillt die Netzhaut an.

Welche Risiko­faktoren begünstigen eine AMD?

Die genaue Ursache der AMD ist noch nicht endgültig geklärt. Es gibt aber eine Reihe von Faktoren, die das AMD-Risiko erhöhen können. Zu den AMD-Risikofaktoren zählen u. a.:

  • Fortgeschrittenes Lebensalter (daher die Bezeichnung altersabhängige altersbedingte Makuladegeneration)
  • Rauchen
  • Bluthochdruck
  • Ungesunde Ernährung (wenig Obst und Gemüse, Alkohol, hoher Anteil an tierischen Fetten)
  • UV-Strahlung und der blaue Anteil des sichtbaren Lichts

In einigen Familien treten vermehrt Makuladegenerationen auf, doch zählt die AMD nicht zu den klassischen Erbkrankheiten. Bei Frauen wird die AMD häufiger diagnostiziert als bei Männern.

Wie macht sich die AMD bemerkbar?

Die Beschwerden bei AMD können individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. In der Frühphase kann es sein, dass man keine Veränderung des Sehvermögens bemerkt – insbesondere, wenn nur ein Auge von der AMD betroffen ist. Wenn sich die Sehzellen in der Makula zunehmend verschlechtern, können folgende Symptome auftreten:

  • Gerade Linien wie etwa Türrahmen, Fenster oder die Fugen im Badezimmer erscheinen verbogen oder verzerrt. Dieses Phänomen kann mithilfe des Amsler-Gitter-Tests nachgewiesen werden (Abb. 6).
  • Das Lichtbedürfnis am Tag nimmt zu (z. B. beim Lesen oder Nähen)
  • Farben wirken blasser
  • Das Zentrum des Gesichtsfeldes erscheint verschwommen, leer oder als grauer Fleck
  • Die Blendempfindlichkeit nimmt zu (z. B. beim Autofahren in der Dunkelheit)
  • Wörter können beim Lesen scheinbar verschwinden
  • Beim Wechsel von dunkler zu heller Umgebung kann es länger dauern, bis die Augen sich an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnen
  • Als Angehöriger stellen Sie eventuell fest, dass sich Gewohnheiten bei der von AMD betroffenen Person verändern, beispielsweise wird die Zeitung zum Lesen näher herangezogen. Es kann auch sein, dass Ihnen auffällt, dass Gegenstände, die direkt vor der Person stehen, übersehen werden

Wenn Sie selbst oder ein Angehöriger Einschränkungen oder Veränderungen der Sehfähigkeit bemerken, sollten Sie rasch einen Augenarzt aufsuchen. Bitte bedenken Sie: Eine AMD verursacht keine Schmerzen!

Abb. 6: Amsler-Gitter-Test: Decken Sie ein Auge ab und fixieren Sie den schwarzen Punkt in der Mitte. Wie nehmen Sie die Linien um den schwarzen Punkt wahr? Testen Sie anschliessend das andere Auge. Falls Sie leere Stellen im Gitter oder verzerrte Linien mit einem oder beiden Augen sehen, sollten Sie zeitnah (innerhalb weniger Tage) einen Augenarzt aufsuchen.

Wie wird eine AMD diagnostiziert?

Eine sichere Diagnosestellung ist nur durch einen Augenarzt (Ophthalmologen) möglich. Bei der Augenspiegelung kann er Veränderungen an der Netzhaut und Makula oft schon erkennen, bevor der Patient eine Beeinträchtigung seines Sehvermögens bemerkt.

Bei Verdacht auf AMD führen Augenärzte häufig folgende Untersuchungsverfahren durch:

  • Sehschärfenmessung (Visusbestimmung)
  • Spiegelung des Augenhintergrundes und der Makula mit einer Lupe an der Spaltlampe, einem speziellen Mikroskop
  • Untersuchung mittels Optischer Kohärenztomographie (OCT). Dabei wird die Netzhaut mit einem nicht-thermischen Laser „abgetastet“. Die reflektierten Laserstrahlen ergeben ein Schnittbild der Netzhautstruktur. Auf diese Weise lassen sich auch die krankhaften Veränderungen, wie die Ansammlung von Flüssigkeit, einer AMD frühzeitig erkennen. Abbildung 7 zeigt ein OCT-Bild einer gesunden Makula, auf Abbildung 8 ist eine feuchte AMD zu sehen.
  • Gefässdarstellung mithilfe der Fluoreszenzangiographie: Nach Injektion eines Farbstoffes in die Armvene gelangt dieser über den Blutkreislauf rasch in die Blutgefässe der Augen. Anschliessend wird eine Serie von Fotos des Augenhintergrundes angefertigt, um die Verteilung des Farbstoffes in den Blutgefässen der Netzhaut darzustellen. Auf diese Weise können Gefässveränderungen oder eine abnorme Durchlässigkeit der Netzhautgefässe sichtbar gemacht werden
Abb. 7: Optische Kohärenztomographie (OCT) einer gesunden Netzhaut ohne Flüssigkeitsansammlungen. Die Makula liegt als „Vertiefung“ in der Mitte des Bildes, die Struktur der Netzhaut stellt sich als regelmässige, gut erkennbare Schichten dar.
Abb. 8: Feuchte AMD: Dieses OCT-Bild zeigt Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe unterhalb der Makula (dunkle Bereiche), die Schichten der Netzhaut stellen sich unregelmässig und mit Aufwerfungen dar.

Wie reagieren Menschen, wenn bei ihnen eine AMD festgestellt wird?

Eine Störung des Sehvermögens führt zu Unsicherheit und Angst. Menschen, bei denen eine AMD gerade neu diagnostiziert wurde, sind oft noch im Arztgespräch so beunruhigt und emotional belastet, dass sie nicht in der Lage sind, einen klaren Gedanken zu fassen und ihre Fragen zu formulieren. Hier schildern einige Patienten, was sie nach der Diagnosestellung gedacht haben:

„Muss ich jetzt eine lebenslange Therapie machen? Wie ist meine Prognose? Nachdem ich die Diagnose AMD erfahren hatte, war ich so geschockt, dass ich nicht in der Lage war, meine Fragen vorzubringen.“
„Ich wusste nicht viel über die Makula, aber viel gefragt habe ich nicht. Ich habe versucht zu ‚verdauen‘, was ich gerade erfahren hatte.“
„Mir gingen tausend Fragen durch den Kopf: „Werde ich blind? Werde ich meine Arbeitsstelle verlieren? Wo bekomme ich psychische und finanzielle Unterstützung?“
„Ich hätte mir gewünscht, dass man mich sorgfältiger über die Erkrankung aufklärt. Ich war froh, dass ich eine Begleitperson dabei hatte.“
„Es wäre gut, wenn man möglichst früh auf Selbsthilfegruppen hingewiesen würde, so dass man mit anderen Betroffenen auf Augenhöhe sprechen und sich wertvolle Anregungen holen kann.“
„Anderen Patienten würde ich wünschen, dass sie sorgfältig aufgeklärt werden, um sich vor der Therapie nicht fürchten zu müssen.“
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Tipps für den Besuch beim Augenarzt

Wenn Sie Sehstörungen bei sich bemerkt und daher einen Termin beim Augenarzt vereinbart haben, empfehlen wir Ihnen,

  • sich von einer Person Ihres Vertrauens begleiten zu lassen. Vier Ohren hören mehr als zwei! Ausserdem kann Ihre Begleitung die wichtigsten Inhalte des Arztgesprächs notieren.
  • Schreiben Sie Fragen auf, die im Anschluss an das Arztgespräch möglicherweise auftauchen und besprechen Sie diese beim nächsten Termin.

Wenden Sie sich frühzeitig an eine Organisation wie z. B. Retina Suisse, wenn bei Ihnen eine AMD diagnostiziert wurde. Hier finden Sie Experten, die sich mit Netzhauterkrankungen gut auskennen und Antworten auf viele Fragen haben. Zudem bietet Retina Suisse Betroffenen und ihren Angehörigen Unterstützung, Erfahrungsaustausch und Orientierung.

Häufige Fragen von Betroffenen

Wie wirkt sich eine altersabhängige Makuladegeneration (AMD) auf das Sehvermögen aus?

Dies hängt unter anderem vom Stadium der Erkrankung und von der Form der AMD ab (trocken oder feucht).

Die Makula liegt im Zentrum der Netzhaut und ist verantwortlich für das zentrale Sehen. Wird die Makula durch eine AMD geschädigt, ist die Sehschärfe beeinträchtigt. Das kann z. B. die Lesefähigkeit und das Erkennen von Gesichtern oder von feinen Details stören. Der äussere Teil der Netzhaut ist von der Erkrankung in der Regel nicht betroffen.

Die AMD kann zu einer Sehbeeinträchtigung mit daraus resultierenden Einschränkungen führen. Wichtig ist, dass betroffene AMD-Patienten lernen, ihre verbliebene Sehkraft bestmöglich einzusetzen und ihre Unabhängigkeit so weit wie möglich zu bewahren. Für die Erhaltung der Selbstständigkeit gibt es zudem viele Hilfen, insbesondere optische Hilfsmittel.

Betrifft eine altersabhängige Makuladegeneration (AMD) immer beide Augen gleich?

Bei fast zwei Drittel der Patienten liegt in beiden Augen das gleiche AMD-Stadium vor. Es gibt aber auch Menschen, bei denen anfangs nur ein Auge von der Erkrankung betroffen ist. Untersuchungen zeigen, dass bei etwa 19 bis 28% dieser Patienten in einem Zeitraum von 5 Jahren auch das zweite Auge eine AMD entwickelt. Nicht immer verläuft die AMD symmetrisch: Bei einem Teil der Patienten ist ein Auge schwerer von der AMD betroffen, während das andere Auge noch ein deutlich besseres Sehvermögen aufweist. Wichtig ist, dass der Augenarzt bei den Untersuchungen immer auch das Partnerauge betrachtet, um eine mögliche Erkrankung des zweiten Auges frühzeitig zu erkennen.

Gibt es etwas, das ich vorbeugend gegen eine AMD tun kann?

Die wichtigste vorbeugende Massnahme für die Augengesundheit ist, nicht zu rauchen. Falls Sie Bluthochdruck haben, lassen Sie ihn konsequent behandeln. Bleiben Sie körperlich aktiv, bewegen Sie sich regelmässig. Achten Sie auf Ihr Gewicht und auf eine gesunde Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Lebensmitteln, die Omega-3-Fettsäuren enthalten (z.B. in fettem Fisch und in Walnüssen). Trinken Sie wenig Alkohol. Schützen Sie Ihre Augen mit entsprechenden Brillen oder Kontaktlinsen vor Blendung und UV-Strahlung. Falls Sie eine Änderung Ihres Sehvermögens bemerken, kontaktieren Sie bitte zeitnah Ihren Augenarzt.