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Multiple Sklerose – die Erkrankung begreifen
Was steckt hinter der Erkrankung „Multiple Sklerose“? Welche Rolle spielt dabei das Immunsystem? Welche Symptome treten bei MS auf und wie stellt der Arzt die Diagnose? Informieren Sie sich hier über die Hintergründe und Verlaufsformen der Erkrankung.
Das Immunsystem und MS
Wenn Abwehrzellen zu stark reagieren
Bei MS greifen T- und B-Zellen körpereigene Zellen an.
Entzündungen greifen Myelinscheiden an
T- und B-Zellen werden bei MS zu Entzündungstreibern. Sie produzieren Antikörper und setzen Zytokine frei, die unter anderem Makrophagen anlocken, die die Myelinschicht angreifen.
(1) Nervenzelle
(2) Nervenfaser
(3) Makrophage
(4) Antikörper
(5) fehlgeleitete B-Zelle
(6) fehlgeleitete T-Zelle
(7) Zytokine
(8) intakte Myelinschicht
(9) Entzündung
(10) zerstörte Myelinschicht
Ein Schub – was bedeutet das?
Richtig reagieren im Falle einer plötzlichen Verschlechterung der Symptome
Wenn Sie mit Multipler Sklerose (MS) leben, dann haben Sie gelernt, mit Ungewissheit zu leben. Denn der Krankheitsverlauf lässt sich bei MS nicht vorhersagen. Er ist von Person zu Person sehr unterschiedlich. Bei den meisten Patient:innen entwickelt sich die MS über lange Zeit hinweg in sogenannten Schüben. Das bedeutet: Längere ruhige Phasen ohne grosse Beschwerden werden von akuten Phasen mit neuen oder stärkeren Symptomen unterbrochen. Eine Beschreibung der verschiedenen Verlaufsformen von MS finden Sie hier. Viele Betroffene leben zum Glück über Jahre hinweg ohne grössere Einschränkungen. Dennoch schlummert das Risiko für einen Schub wohl bei den meisten Betroffenen im Hinterkopf.
Wichtig ist: Längst nicht jedes neue oder verstärkte Symptom kündigt gleich einen Schub an. Dennoch gilt es, wachsam zu sein und bei Veränderungen richtig zu reagieren. Trotz neuer Beschwerden so zu tun, als ob nichts wäre, ist unter Umständen die falsche Strategie. Schliesslich gibt es wirkungsvolle Massnahmen, um einen Schub unter Kontrolle zu bringen und bleibende Schäden am Nervensystem zu vermeiden. Darum ist es wichtig, dass Sie als MS-Patient:in wissen, was ein Schub ist, woran Sie einen Schub erkennen und vor allem wie Sie richtig reagieren.
Was ist ein MS-Schub?
Unter einem Schub versteht man eine akute Phase mit neuen oder stärker werdenden Symptomen. Die Verschlechterung kann plötzlich auftreten oder sich über Tage hinweg aufbauen. Sie dauert mindestens 24 Stunden, verschwindet aber nach Tagen, Wochen oder Monaten wieder teilweise oder vollständig. Häufig ist ein MS-Schub der Anlass für die Diagnose. Doch Schübe können im Krankheitsverlauf immer wieder auftreten. Wenn seit dem letzten Schub mindestens ein Monat «Ruhe» war, spricht man von einem neuen Schub. Es können auch mehrere Monate oder gar Jahre zwischen zwei Schüben liegen.
Ein Schub ist das Zeichen für einen neuen oder einen sich ausdehnenden Entzündungsherd im Nervensystem. Schübe können unterschiedlich intensiv oder lang ausfallen. Je dauerhafter und stärker sie sind, desto schwerer können die möglichen Schädigungen der Nervenzellen sein – und umso grösser ist das Risiko für bleibende Einschränkungen. Ein Schub ist zwar kein Grund zur Aufregung. Dennoch sollten Sie innerhalb von wenigen Tagen eine Neurologin oder einen Neurologen aufsuchen. Das ist selbst dann sinnvoll, wenn Sie denken, dass Sie eigentlich ohne medizinische Hilfe auskommen. Denn ein Schub kann ein Anzeichen dafür sein, dass Ihre MS aktiver wird. Darum sollte eine Fachperson prüfen, ob Ihre Therapie angepasst werden sollte.
Einen MS-Schub erkennen
Doch wie weiss man denn, ob es sich tatsächlich um einen Schub handelt? Das ist alles andere als einfach. So individuell wie der Krankheitsverlauf der MS, so unterschiedlich sind auch die Schübe. Die Symptome können jedes Mal wieder andere sein. Hinzu kommt: Man wartet ja nicht auf einen Schub, sondern steckt mitten in seinem Alltag und hat besseres zu tun, als zur Ärztin oder zum Arzt zu gehen. Lucile beschreibt das in ihrem Blog-Beitrag sehr eindrücklich.
Wer «seine MS» sehr gut kennt, lernt unter Umständen mit der Zeit, einen sich anbahnenden Schub zu erkennen. Doch auch das ist keine Garantie dafür, dass man beim nächsten Mal nicht doch überrascht wird, zum Beispiel weil der Schub über Nacht kommt. Auch hier gilt, was generell im Umgang mit MS hilft: Sich nicht verrückt machen lasse, sich aufs Wesentliche konzentrieren und gut auf seinen Körper hören.
Es gibt keine Symptome, die klar auf einen Schub hinweisen. Alle MS-Symptome können im Zusammenhang mit einem Schub auftreten. Am häufigsten sind jedoch folgende: Fatigue, Schwindel, Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen, Sehprobleme, Blasen- und Darmstörungen, Schwäche in Armen oder Beinen, ein Gefühl von Taubheit, Kribbeln, Brennen oder Schmerz, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen oder Probleme beim Gehen. Diese Beschwerden können sich allein oder in unterschiedlichen Kombinationen zeigen.
Viele MS-Betroffene erleben, dass ihre Symptome auch in den Ruhephasen nicht immer gleich sind. Es gibt bessere und schlechtere Tage. Das gehört zur MS dazu. Wichtig ist, zu wissen, dass es neben der «Tagesform» auch noch andere Gründe gibt, warum plötzlich neue Symptome auftreten oder bekannt Symptome sich verschlechtern können. Man spricht dann von einem «Pseudo-Schub». Im Unterschied zum richtigen Schub bessern sich die Symptome beim Pseudo-Schub, sobald der «Auslöser» vorbei ist. Ursachen für einen Pseudo-Schub können sein:
Erhöhte Körpertemperatur:
Höhere Temperaturen können vorübergehend MS-Symptome hervorrufen. Als Auslöser kommt alles infrage, was die Körpertemperatur ansteigen lässt: körperliche Anstrengung, heisse Bäder oder Duschen, Sauna, Hitze oder Fieber aufgrund einer Infektion. Sobald die Temperatur sinkt, klingen auch die Symptome wieder ab.
Stress:
Stress kann dazu führen, dass es Ihnen schwerer fällt, mit Ihren MS-Symptomen umzugehen. Es gibt auch Hinweise, dass Stress die Wahrscheinlichkeit für einen echten Schub erhöhen kann. Darum ist es wichtig, seine Auslöser für Stress zu kennen und Wege zu finden, um den Stress zu reduzieren.
Infektionen:
Grippe, Erkältung, Blasenentzündung, ein Magen-Darm-Infekt oder andere Infektionskrankheiten können dazu führen, dass sich Ihre MS-Symptome verschlechtern. Sobald der Infekt überstanden oder wirksam behandelt ist, sollten sich die MS-Symptome wieder bessern. Wenn dies nicht passiert, sollten Sie medizinischen Rat suchen. Denn schwere Infekte können einen MS-Schub auslösen.
Mit einem Schub richtig umgehen
Moderne MS-Therapien können das Schub-Risiko senken. Es ist also wichtig, dass MS-Patient:innen eine optimale Therapie bekommen und sich strikt daran halten. Leider kann selbst die beste Therapie Schübe nicht ganz verhindern. Sie bleiben möglich und unvorhersehbar. Trotzdem kann man sich auf einen Schub vorbereiten. Wir haben fünf Punkte zusammengestellt, die dabei wichtig sind und Ihnen helfen, mit einem Schub besser zurechtzukommen:
1. Die Symptome im Blick behalten
Wenn Sie Ihre MS-Symptome genau überwachen, zum Beispiel indem Sie sie in einem Tagebuch oder einer App eintragen, können Sie Veränderungen besser erkennen. Sie können besser beurteilen, ob es sich tatsächlich um einen Schub handeln könnte. Zudem können Sie Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt besser Auskunft geben, weil Sie alle Informationen schon parat haben. Notieren Sie auch Veränderungen in Ihrem Lebensstil oder Ihrer Ernährung.
2. Vorbereitungen treffen
Halten Sie die Informationen wie Name, Adresse und Telefonnummer von Notfallkontakten bereit und machen Sie eine Liste mit allen Medikamenten, die Sie einnehmen. Halten Sie auch fest, wie häufig und in welcher Dosis sie diese nehmen.
Sprechen Sie mit nahestehenden Personen über die Möglichkeit, dass Sie im Falle eines Schubs vielleicht auf Unterstützung angewiesen sind, und erklären Sie, was Sie allenfalls brauchen würden. Das kann zum Beispiel Begleitung sein oder ein Fahrdienst, weil Ihre Mobilität eingeschränkt ist. Vielleicht fühlen Sie sich nicht mehr imstande, selbst Auto zu fahren.
Wenn Sie kleine Kinder haben, kann es sinnvoll sein, mit ihnen das «Szenario» eines Schubs zu besprechen – natürlich in altersgerechter Form. Vielleicht werden Sie wegen des Schubs auf Entlastung angewiesen sein, indem die Kinder zeitweise fremdbetreut werden. Solche Lösungen lassen sich planen oder probeweise durchspielen.
3. Das Umfeld informieren
Wenn Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt gesprochen haben und es sich tatsächlich um einen Schub handelt, ist es vielleicht sinnvoll, Ihre Familie und Freunde darüber zu informieren. Aufgrund Ihrer Symptome werden Sie geplante gemeinsame Vorhaben vielleicht nicht umsetzen können. Ihren Mitmenschen fällt es einfacher, Verständnis dafür aufzubringen, wenn sie den Hintergrund verstehen. Personen, die Ihnen nahestehen, werden gerne ihre Hilfe anbieten, zum Beispiel fürs Einkaufen. Zögern Sie nicht, solche Angebote anzunehmen.
4. Versuchen, Ruhe zu bewahren
Es ist gut möglich, dass ein Schub Sie emotional aufwühlt. Das ist völlig normal und hat auch seinen Platz. Erinnern Sie sich daran, dass ein Schub vorbeigeht und die Symptome wieder nachlassen werden. Überlegen Sie, was Ihnen hilft – selbst in der angespannten Situation eines Schubs –, Ruhe und Entspannung zu finden. Sei es zum Beispiel Yoga, Meditation, Musik hören oder Gespräche mit verständnisvollen Menschen.
5. Bei Bedarf die Therapie anpassen
Die Behandlung eines akuten Schubs unterscheidet sich in der Regel von der Basistherapie Ihrer MS. Wenn Ihre Schübe stärker oder die Abstände dazwischen kürzer werden, kann das auf eine erhöhte Krankheitsaktivität hinweisen. Sie sollten Ihre Ärztin oder Ihren Arzt darauf ansprechen und zusammen prüfen, ob Ihre Therapie angepasst werden sollte.
Sie können einiges dazu beitragen, für eine Phase mit neuen oder stärkeren Symptomen gewappnet zu sein und diese Zeit möglichst gut zu überstehen. Zwei Dinge sollten Sie sich immer in Erinnerung rufen. Erstens: Sie sind nicht allein. Sie haben Menschen in Ihrem Umfeld, die Sie unterstützen. Es gibt spezialisierte Anlaufstellen wie die Schweizerische MS Gesellschaft und medizinische Fachpersonen, die sich mit MS auskennen und mit Ihnen zusammen die bestmögliche Therapie anstreben. Zweitens: Jeder Schub geht vorbei. Leider kann Ihnen niemand sagen, wie lange es dauern wird. Doch die Beschwerden werden nachlassen und in den meisten Fällen sogar auf das Ausgangsniveau zurückgehen. Daraus sollten Sie Kraft und Zuversicht schöpfen.
Schubförmige MS
Verlauf mit Höhen und Tiefen
Die schubförmige MS, englisch Relapsing Remitting MS (RRMS) genannt, zeigt sich in sogenannten Schüben. Diese treten in unregelmässigen Abständen auf. Ein Schub kann 24 Stunden, aber auch eine Woche andauern und mit den typischen Symptomen einhergehen. Von einem „neuen“ Schub spricht man erst, wenn der vorangegangene mindestens 30 Tage vorüber ist. Oft aber sind die Patienten monate- und manchmal sogar jahrelang symptomfrei.
RRMS ist die häufigste Form der Multiplen Sklerose und betrifft etwa 80 Prozent der Patienten.
Sekundär progrediente MS
Ein zweites Stadium
Primär progrediente MS
Kontinuierliches Fortschreiten
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Leben mit PPMS – Wenn Multiple Sklerose stetig voranschreitet
Primär progrediente MS: Symptome, Therapien, Alltagsfragen und sozialrechtliche Themen.
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Symptome bei MS
Anzeichen erkennen
Auch wenn sich die drei Formen der Multiplen Sklerose in Auftreten und Verlauf unterscheiden, sind sich die Symptome und Beschwerden sehr ähnlich. So kann die Empfindung an Armen und Beinen gestört sein. Sollte sich ausserdem der Sehnerv entzünden, sieht man wie durch einen dichten Nebel – doppelt oder unscharf. Weitere Symptome bei MS können Bewegungsstörungen sein. Viele Patienten leiden auch unter starker Müdigkeit Fatigue oder Konzentrationsschwächen. Typische Symptome bei Multipler Sklerose:
- Sehstörungen
- Kognitive Beeinträchtigungen
- Sprachstörungen
- Fatigue
- Blasenstörungen
- Muskelschwäche
- Sensibilitässtörungen
- Mobilitätseinschränkungen
2,3
Millionen Menschen sind weltweit von MS betroffen.
20-40
Jahre alt sind die meisten Betroffenen.
30
Tage und mehr liegen zwischen zwei Schüben.
80%
der MS-Patienten haben eine RRMS.
Aktuell ist MS noch nicht heilbar, doch die Forschung arbeitet stetig daran, die Krankheit besser zu verstehen und behandeln zu können.
- Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft www.dmsg.de
- Aktion Multiple Sklerose Erkrankter www.amsel.de
- National Institutes of Health-National Institute of Neurological Disorders and Stroke. (2015). Multiple Sclerosis: Hope Through Research. www.ninds.nih.gov