Inhaltsverzeichnis

Leben

Den Alltag mit NMOSD gut bewältigen

NMOSD-Schübe können zu unterschiedlichen Beschwerden wie Sehstörungen, eingeschränkter Beweglichkeit und Müdigkeit führen und dadurch Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche haben. Dann ist es gut zu wissen, wie man mit Herausforderungen umgehen und den Alltag so gestalten kann, dass sich nicht alles um die Erkrankung dreht.

Mobil bleiben bei NMOSD

Körperliche Aktivität ist für jeden wichtig – ganz besonders jedoch für Menschen mit NMOSD. Denn Bewegung, Physiotherapie und Sport bieten eine ganze Reihe von Vorteilen:

  • Haltung und Gleichgewicht verbessern sich, das Sturzrisiko sinkt.
  • Muskelkraft und Fitness nehmen zu.
  • Herz, Kreislauf und Atmung werden trainiert.
  • Die Gelenk- und Knochengesundheit wird gefördert.
  • Man hat mehr Energie und kann alltägliche Aufgaben besser bewältigen.
  • Es fällt leichter, ein gesundes Körpergewicht zu halten.
  • Stimmung und Selbstvertrauen steigen, der Stresspegel sinkt.
  • Bewegung in einer Gruppe von netten Menschen macht meist mehr Spass und bietet Gelegenheit, neue Freundschaften zu schliessen.


Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber, welche Art des Trainings Ihnen gut tun würde. Denn wie bei jeder chronischen Erkrankung kann es auch für Menschen mit NMOSD Einschränkungen für gewisse Sportarten geben. Aber das sollte Sie nicht davon abhalten, aktiv zu werden. Suchen Sie nach einer Aktivität, die zu Ihnen passt und Ihnen Spass macht, die Sie aber auch ein wenig herausfordert. Schwimmen, Spazierengehen, Nordic Walking, Tanzen oder auch Gartenarbeit sind nur einige der Möglichkeiten, die Sie ausprobieren und in Ihren Alltag einbinden können.

Sport bei Sehstörungen?

Eine ausgeprägte Sehschwäche kann aus verschiedenen Gründen den Aktivitätsgrad einschränken – beispielsweise, weil es schwieriger ist, sich zurecht zu finden oder auch weil das Selbstvertrauen fehlt.

Doch eine Einschränkung des Sehvermögens sollte Sie nicht davon abbringen, etwas für Ihre Fitness zu tun. Es gibt viele Sport- und Trainingsarten, die für sehbehinderte oder blinde Menschen zugänglich sind. Lassen Sie sich durch eine Sehschwäche Ihre Motivation und Entschlossenheit nicht nehmen, etwas für Ihre Fitness zu tun!

Was bringt Physiotherapie?

Physiotherapeuten sind Bewegungsexperten. Sie können Ihnen helfen, Ihr Potenzial hinsichtlich Kraft, Beweglichkeit, Fitness und körperlicher Unabhängigkeit voll auszuschöpfen. Physiotherapeuten beraten Sie auch, wenn ein neues Bewegungsproblem auftritt. Ganz besonders empfiehlt sich Physiotherapie, wenn sich Ihre Symptome verändern oder wenn Sie sich von einem Schub erholen. Fragen Sie Ihren behandelnden Arzt, ob er Ihnen Physiotherapeuten nennen kann, die Erfahrung mit NMOSD haben oder die Patienten mit ähnlichen neurologischen Erkrankungen behandeln.

Wann ist ein Rollstuhl hilfreich?

Bei einem Teil der NMOSD-Betroffenen führt eine Rückenmarksentzündung (Myelitis) zu einer Einschränkung der Mobilität. Viele Patienten bemerken nur ein geringes Nachlassen ihrer Kraft, sodass sie mit einem Stock oder mithilfe von Gehstützen stehen und gehen können. Andere benötigen einen Rollstuhl, um mobil zu bleiben. Das heisst aber nicht unbedingt, dass man nun immer auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Bei vielen Patienten bessern sich die Symptome unter der Behandlung und während der Rehabilitation, sodass sie dann keinen Rollstuhl mehr benötigen.

Einige Patienten benutzen ihren Rollstuhl nur zeitweise, um sich z. B. in einer bestimmten Umgebung besser bewegen zu können oder bei Symptomen wie Schwäche oder Müdigkeit. Für sie bietet der Rollstuhl eine Möglichkeit, ihre Kräfte zu schonen und ihre Energie für andere Aktivitäten aufzusparen.

Ernährung bei NMOSD

Wenn bei Ihnen eine NMOSD diagnostiziert wurde, bedeutet das nicht, dass Sie eine spezielle Diät einhalten oder bestimmte Lebensmittel meiden müssen. Eine abwechslungsreiche und vollwertige Ernährung versorgt Ihren Körper mit allen wichtigen Nährstoffen, die er benötigt.

Eine gute Orientierung bieten die Empfehlungen zum ausgewogenen und genussvollen Essen und Trinken für Erwachsene der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung sowie die Schweizer Lebensmittelpyramide (Abb. 1). Die wichtigsten «Spielregeln» sind:

  • Getränke: Täglich 1 bis 2 l Flüssigkeit trinken, bevorzugt in Form von ungesüssten Getränken wie Leitungs- oder Mineralwasser oder Früchte-/Kräutertees. Koffeinhaltige Getränke wie Kaffee, schwarzer oder grüner Tee können zur Flüssigkeitszufuhr beitragen.
  • Gemüse und Früchte: Täglich 5 Portionen in verschiedenen Farben. Davon 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Früchte.
  • Getreideprodukte, Kartoffeln und Hülsenfrüchte: Täglich 3 Portionen. Bei Getreideprodukten Vollkorn bevorzugen. 1 Portion entspricht 75 bis 125 g Brot, 60 bis 100 g Hülsenfrüchten (Trockengewicht) oder 180 bis 300 g Kartoffeln.
  • Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Eier und Tofu: Täglich 3 Portionen Milchprodukte, z. B. 200 ml Milch oder 150 bis 200 g Joghurt/Quark/Hüttenkäse oder 30 g Hartkäse oder 60 g Weichkäse. Zusätzlich täglich 1 Portion eines weiteren proteinreichen Lebensmittels (z. B. 100 bis 120 g Fleisch/Geflügel/Fisch/Tofu oder 2 bis 3 Eier).
  • Öle, Fette und Nüsse: Täglich 2 bis 3 Esslöffel (20 bis 30 g) Pflanzenöl, davon mindestens die Hälfte in Form von Rapsöl. Täglich 1 Portion (20 bis 30 g) ungesalzene Nüsse, Samen oder Kerne. Zusätzlich kann sparsam etwas Butter, Margarine oder Rahm verwendet werden.
  • Süsses, Salziges und Alkoholisches: Süssigkeiten, gesüsste Getränke, salzige Knabbereien und alkoholische Getränke mit Mass geniessen.


Achten Sie auf eine schonende Zubereitung Ihrer Mahlzeit. Garen Sie Lebensmittel möglichst kurz, mit wenig Wasser oder Fett. Vermeiden Sie beim Braten, Grillen oder Backen das Verbrennen von Lebensmitteln, denn verbrannte Stellen enthalten schädliche Stoffe.

Abb. 1: Genussvolles Essen nach der Schweizer Lebensmittelpyramide. Eine besondere NMOSD-Diät ist nicht bekannt und nicht erforderlich.

Was tun bei Sehstörungen?

Sehstörungen treten bei NMOSD aufgrund einer Entzündung der Sehnerven häufig auf. Sehprobleme können sich wieder zurückbilden oder dauerhaft bestehen bleiben – besprechen Sie mit Ihrem Behandlungsteam, was Ihnen aufgrund Ihrer Sehbehinderung am meisten Probleme macht und was Ihnen am besten helfen könnte.

Es gibt zahlreiche Tipps und Hilfen, die Sie nutzen können, um Ihren Alltag trotz eingeschränktem Sehvermögen gut zu bewältigen. Hier einige Beispiele:

  • Vergrössernde Sehhilfen, wie z. B. Lupen verwenden.
  • Bei der Arbeit am Computer eine Grossschrift-Tastatur verwenden und eine Software nutzen, die Bildschirminhalte stark vergrössert darstellt.
  • So genannte Screenreader (spezielle Software für Smartphone, Tablet und PC, die Text «vorliest») setzen Bildschirminhalte in Text um, auf den dann über Sprachausgabe zugegriffen werden kann.
  • In der Wohnung und am Arbeitsplatz für ausreichende Helligkeit sorgen. Indirektes Licht hilft, Räume gut auszuleuchten.
  • Beleuchtete Steckdosen- und Nachtlichter sorgen für bessere Orientierung und Sicherheit im Dunkeln.
  • Feste Plätze einhalten, Gegenstände immer an denselben Platz zurücklegen (Schlüssel, Sehhilfen, Geldbörse etc.).
  • Starke Kontraste tragen dazu bei, dass sehbehinderte Menschen Gegenstände besser erkennen. Beispiele: Helles Geschirr auf dunkler Tischdecke, dunkle Armaturen im weissen Bad, weisse Lichtschalter auf weisser Wand mit einem dunklen Rand versehen.
  • Wichtige Telefonnummern oder Notizen mit dickem, schwarzem Filzstift aufschreiben, so dass sie auch bei Sehschwäche lesbar sind.
  • Türen nicht halboffen stehen lassen, Schranktüren immer schliessen.
  • Keine Taschen, Pakete und andere Gegenstände auf dem Boden oder auf Treppen abstellen – Stolperfallen!

Was hilft bei Schmerzen?

Ein erheblicher Anteil der NMOSD-Betroffenen berichtet über Schmerzen, die oft durch die Rückenmarkentzündung (Myelitis) verursacht sind. Dabei scheint es einen Zusammenhang zwischen dem Ausmass der Rückenmarkentzündung und der Schmerzausprägung zu geben.

Viele Patienten berichten über sogenannte neuropathische Schmerzen, die sich als Brennen, Stechen oder als einschiessende Schmerzen bemerkbar machen. Es kann auch ein unangenehmes Taubheitsgefühl oder eine übermässige Berührungsempfindlichkeit auftreten.

Manche NMOSD-Betroffene leiden unter muskulären Problemen wie Muskelschwäche, Muskelverspannungen (erhöhter Muskeltonus) oder Muskelkrämpfen (Spasmen). Muskelkrämpfe und Muskelverspannungen können durchaus schmerzhaft sein.

Je nachdem, welcher Schmerztyp vorliegt, verordnet der behandelnde Arzt bestimmte Schmerzmittel oder auch Medikamente, die muskelentspannend wirken.

Wenn Ihnen Schmerzen zu schaffen machen, sprechen Sie mit Ihrem Behandlungsteam darüber und schildern Sie genau, was Sie spüren. So kann Ihnen Ihr Arzt gezielt ein schmerzlinderndes Medikament verordnen und Ihnen eventuell zusätzlich nichtmedikamentöse Massnahmen empfehlen.

Probleme mit der Blase

Bestimmte Nervenbahnen im Rückenmark kontrollieren die Blasenfunktion. Wenn diese Nerven bei NMOSD entzündlich verändert oder vernarbt sind, kann es zu Störungen der Blasenfunktion kommen. Zu den typischen Blasenproblemen bei NMOSD zählen die überaktive Blase und die unvollständige Blasenentleerung (Harnretention).

Patienten mit überaktiver Blase (Reizblase) klagen über ständigen Harndrang und müssen sehr oft Wasser lassen. Dabei sind die Urinmengen sehr gering. Wenn Patienten mit Reizblase das Dranggefühl nicht mehr unterdrücken können, kann unwillkürlich Urin abgehen. Eine überaktive Blase ist sehr unangenehm und kann das soziale Leben und den Berufsalltag stark beeinträchtigen. Linderung bringen Medikamente, die zu einer Entspannung der Blasenmuskulatur führen.

Manche NMOSD-Patienten können aufgrund der entzündlichen Nervenschädigung im Rückenmark ihre Blase nicht mehr vollständig entleeren (Harnretention). Wenn Patienten bereits kurz nach dem Wasserlassen einen erneuten Harndrang verspüren, kann das ein Hinweis auf eine Harnretention sein. Eine einfache Methode, die unvollständige Blasenentleerung nachzuweisen, ist eine Ultraschalluntersuchung der Blase. Eine Harnretention sollte behandelt werden, denn sie kann Blasenentzündungen begünstigen. Die medikamentösen Behandlungsmethoden bei Harnretention sind allerdings begrenzt. In ausgeprägten Fällen kann es hilfreich sein, wenn der Patient lernt, seine Blase mithilfe eines Katheters in regelmässigen Abständen zu entleeren (Selbstkatheterisierung).

Probleme mit dem Darm

Bestimmte Nervenbahnen im Rückenmark sind dafür zuständig, dass die Darmentleerung funktioniert. Sind diese Bahnen z. B. durch eine Rückenmarkentzündung geschädigt, kann es entweder zu einer Verstopfung oder zu einem unkontrollierten Abgang von Darminhalt (Stuhlinkontinenz) kommen.

Bei Verstopfung können folgende Tipps helfen:

  • Essen Sie regelmässig und achten Sie auf eine ballaststoffreiche Ernährung (Vollkornprodukte, viel Salat, Gemüse und Obst, Nüsse und Hülsenfrüchte).
  • Trinken Sie reichlich Flüssigkeit, 6 bis 8 Gläser Wasser, Kräutertee und (koffeinfreier) Kaffee sollten es pro Tag schon sein.
  • Gehen Sie etwa eine halbe Stunde nach dem Frühstück routinemässig zur Toilette und versuchen Sie, durch eine gewisse Regelmässigkeit die Darmentleerung zu fördern.
  • Sorgen Sie für körperliche Aktivität. Das stärkt die Muskeln und bringt auch den Darm in Schwung.

Falls diese Massnahmen nicht den gewünschten Erfolg bringen, sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber, ob Sie Abführmittel nehmen sollten.

Eine Stuhlinkontinenz ist sehr störend und belastend. Scheuen Sie sich nicht, mit Ihrem Arzt über dieses Problem zu sprechen – es gibt heute verschiedene Inkontinenzprodukte, die teilweise sehr diskret und gut anzuwenden sind.

Zusammenfassung
Sehschwäche, eingeschränkte Mobilität, Schmerzen oder Blasen- und Darmstörungen: Das Leben mit NMOSD kann verschiedene Probleme mit sich bringen. Doch es gibt zahlreiche Hilfen. Besprechen Sie mit Ihrem Behandlungsteam, welche Symptome Sie stören und informieren Sie sich über Therapiemöglichkeiten und praktische Alltagshilfen.