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Diabetisches Makulaödem – was ist das?

Diabetes mellitus kann zu verschiedenen Folgeerkrankungen und Komplikationen führen. Eine davon ist das diabetische Makulaödem (DME) – eine Erkrankung, die das Sehvermögens stark beeinträchtigen kann. Eine sichere Diagnose ist nur durch den Augenarzt möglich.

Diabetes und Augen­erkrankungen – wie hängt das zusammen?

Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) ist eine häufige, chronisch verlaufende Stoffwechselerkrankung, die mit erhöhten Blutzuckerwerten einhergeht. Im Lauf der Jahre führen hohe Blutzuckerkonzentrationen zu Veränderungen an den Blutgefässen im ganzen Körper. Diese Gefässschäden sind für diabetische Folgeerkrankungen verantwortlich, beispielsweise an den Nieren oder im Herz-Kreislauf-System.

Die Augen können ebenfalls von Diabetes-Folgeschäden betroffen sein, weil hohe Blutzuckerkonzentrationen auch die feinen Blutgefässe in der Netzhaut belasten und im Lauf der Zeit das Sehvermögen einschränken können.

Netzhaut und Makula

Diabetische Augenschäden spielen sich insbesondere in der Netzhaut und im Bereich der Makula ab, daher sollen diese Strukturen genauer vorgestellt werden.

Die Netzhaut (lateinisch: Retina) ist eine lichtempfindliche Gewebeschicht im Augeninneren (Abb. 1.). Im Zentrum der Netzhaut befindet sich die Makula (auch „gelber Fleck“ genannt; lateinisch: Macula lutea), die etwa so gross wie ein Reiskorn ist und besonders viele Sehzellen enthält. In der Mitte der Makula liegt die so genannte Sehgrube (lateinisch: Fovea centralis). Diese, mit einem Durchmesser von etwa 1,5 Millimeter winzige, Vertiefung in der Makula sorgt dafür, dass wir auch sehr kleine Details erkennen können. Mit der äusseren Netzhaut sehen wir weniger genau, diese Netzhautbereiche dienen eher der groben Orientierung.

Abb. 1: Schnitt durch das Auge. Die Makula mit der Fovea centralis (Sehgrube) ist für scharfes Sehen besonders wichtig.

Diabetische Netzhautschäden

Bei dauerhaft erhöhten Blutzuckerwerten können Schäden an der Netzhaut (Retina) entstehen. Mediziner unterscheiden zwei Arten:

  • Schäden an den Blutgefässen der Netzhaut, in der Fachsprache auch „diabetische Retinopathie“ genannt.
  • Krankhafte Einlagerung von Flüssigkeit in der Makula, in der Fachsprache „Makulaödem“ oder „diabetische Makulopathie“.

Die diabetische Netzhauterkrankung entwickelt sich schleichend über mehrere Jahre. Das frühe Stadium der Erkrankung wird als nicht proliferative diabetische Retinopathie bezeichnet. In dieser Phase kommt es zu Schäden an den Wänden von Blutgefässen und es entstehen Gefässausbuchtungen und einzelne Blutungen in der Netzhaut.

Schreitet die Erkrankung fort, kommt es zur proliferativen diabetischen Retinopathie (proliferativ = wuchernd): Es bilden sich neue Blutgefässe, zunächst in der Netzhaut, später auch auf der obersten Schicht der Netzhaut, aus denen es leicht blutet.

Bei der diabetischen Retinopathie liegen die Gefässschäden hauptsächlich in der Netzhautperipherie, also in den äusseren Netzhautbereichen. Daher haben Betroffene oft über lange Zeit keine Probleme mit dem Sehvermögen.

Im Gegensatz dazu kommt es beim diabetischen Makulaödem zu Veränderungen im Zentrum der Netzhaut, was häufiger bereits in früheren Stadien zu Symptomen führt. Ein diabetisches Makulaödem kann in jedem Stadium der diabetischen Retinopathie auftreten. Im Folgenden möchten wir Sie insbesondere über das diabetische Makulaödem informieren.

Diabetisches Makulaödem (DME) – was ist das genau?

Der erhöhte Blutzucker bei der Diabeteserkrankung schädigt auch die kleinen Blutgefässe in den Augen. Sammelt sich Flüssigkeit aus den geschädigten, vermehrt durchlässigen Augengefässen im Bereich der Makula, schwillt diese an. Ärzte bezeichnen die krankhafte Ansammlung von Flüssigkeit in der Makula als „Makulaödem“. Da das Ödem die Stelle des schärfsten Sehens betrifft, kann es das Sehvermögen der betroffenen Personen erheblich beeinträchtigen.

Häufigkeit und Risikofaktoren für das diabetische Makulaödem

Schäden an der Netzhaut zählen zu den häufigen Komplikationen einer Diabeteserkrankung. Eine diabetische Retinopathie wird bei etwa einem Drittel der Menschen mit Diabetes beobachtet.

Von einem diabetischen (DME) sind weltweit fast 7% aller Menschen mit Diabetes betroffen, bei Patienten mit Typ-1-Diabetes tritt es etwas häufiger auf als bei Patienten mit Typ-2-Diabetes. In der westlichen Welt stellt das (DME) eine der häufigsten Ursachen für schwerwiegende Sehminderung und Erblindung im Erwerbsalter dar. Von einem (DME) sind bei etwa 60 % der Patienten beide Augen betroffen.

Genaue Prävalenzdaten liegen für die Schweiz nicht vor und können nur geschätzt werden. Laut dem Bundesamt für Statistik waren im Jahr 2017 309‘600 Personen (4,4%) der Gesamtbevölkerung mit Diabetes diagnostiziert. Im europäischen Durchschnitt entwickeln ca. 11,4% der Diabetiker ein Diabetisches Makulaödem, was geschätzt 35‘300 Patienten in der Schweiz im Jahre 2017 entsprach.

Zur Entwicklung eines DME tragen verschiedene Risikofaktoren bei:

  • Erhöhte Blutzuckerspiegel
  • Diabetesdauer
  • Bluthochdruck

Eine Fettstoffwechselstörung und das Vorliegen einer diabetischen Nierenschädigung scheinen das Risiko für ein DME zusätzlich zu erhöhen.

Wie macht sich das diabetische Makulaödem bemerkbar?

Die Symptome eines DME setzen meist langsam und schleichend ein und werden von den Betroffenen in der Anfangsphase häufig gar nicht bemerkt.

Erst in fortgeschritteneren Stadien führt das DME zu merklichen Problemen wie:

  • Verschlechterung der Sehschärfe (Abb. 2)
  • Gestörtes Farbsehen (Abb. 2)
  • Flecksehen (Abb. 2)
  • Verzerrtes und verschwommenes Sehen (Abb. 2)
  • Leseschwierigkeiten
  • „Russregen“ vor dem Auge, wenn es zu Blutungen in das Innere des Augapfels – in den so genannten Glaskörper – kommt
Abb. 2: Menschen mit DME berichten über folgende Einschränkungen des Sehvermögens: Verschlechterung der Sehschärfe, gestörtes Farbsehen, Flecksehen und verzerrtes Sehen.

Wann zum Augenarzt?

Falls Sie Diabetes haben, sollten Sie sich regelmässig vom Augenarzt untersuchen lassen. Denn es können bereits Schäden an der Netzhaut oder im Bereich der Makula vorliegen, auch wenn Sie noch keine Veränderung Ihres Sehvermögens wahrnehmen. Stellt der Augenarzt Veränderungen an der Netzhaut fest, kann eine frühzeitige Behandlung zu besseren Therapieerfolgen führen.

Bitte besprechen Sie mit Ihrem Hausarzt oder Diabetologen, wann Sie sich beim Augenarzt vorstellen sollten. Experten empfehlen Folgendes:

  • Menschen mit Typ-2-Diabetes sollten sich sofort bei Feststellung der Erkrankung vom Augenarzt untersuchen lassen.
  • Patienten mit Typ-1-Diabetes sollten ab dem 11. Lebensjahr regelmässig vom Augenarzt untersucht werden. Kinder vor dem 11. Lebensjahr müssen erst vom Augenarzt untersucht werden, wenn der Diabetes bereits fünf Jahre besteht.

Wenn noch keine Netzhautschäden vorliegen, empfehlen viele Augenärzte jährliche Kontrolluntersuchungen. Die SGED (Schweizerische Gesellschaft für Endokrinologie/Diabetologie) empfiehlt die Häufigkeit mindestens einer Augenuntersuchung innerhalb von zwei Jahren in der Grundversorger-Praxis.  Falls bereits eine Retinopathie besteht, legt der Augenarzt die Kontrollintervalle individuell fest.

Sollten Sie zwischen Ihren Kontrollterminen neu auftretende Störungen Ihres Sehvermögens bemerken, kontaktieren Sie bitte zeitnah Ihren Augenarzt.

Vorsorge: Was Sie selbst für Ihre Augengesundheit tun können

Hohe oder stark schwankende Blutzuckerwerte tragen zu Netzhautschäden bei. Achten Sie daher auf eine gute und stabile Einstellung Ihrer Blutzuckerwerte: Nehmen Sie Ihre Medikamente gegen Diabetes zuverlässig ein bzw. führen Sie Ihre Insulinbehandlung so durch, wie mit dem Hausarzt oder Diabetologen abgesprochen. Achten Sie auf eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung.

Ein Bluthochdruck sollte ebenfalls behandelt werden – ein Teil der Diabetes-Folgeschäden lässt sich vermeiden, wenn der Blutdruck gesenkt wird.

Da Rauchen die Blutgefässe schädigt, sollten Sie unbedingt auf das Rauchen verzichten.

Netzhautschäden oder Makulaödem aufgrund von Diabetes verursachen keine Schmerzen und in frühen Stadien oft auch keine Sehstörungen. Es gibt aber Hinweise, dass sich Netzhautschäden in früheren Stadien erfolgreicher behandeln lassen. Nehmen Sie daher regelmässige Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt wahr! Er kann Veränderungen an den Augen frühzeitig feststellen und, falls erforderlich, rechtzeitig eine Behandlung einleiten.

Amsler-Gitter-Test

Der Amsler-Gitter-Test ist eine einfache Möglichkeit, mit der Sie zu Hause selbst bestimmte Aspekte Ihres Sehvermögens überprüfen können. Das Amsler-Gitter ist ein Quadrat mit dunklen Linien und einem schwarzen Punkt in der Mitte (Abb. 4).

Abb. 3: Der Amsler-Gitter-Test.

So führen Sie den Test durch:

  1. Falls Sie normalerweise eine Brille tragen, lassen Sie diese beim Betrachten des Gitters bitte auf.
  2. Bedecken Sie ein Auge, um das Sehvermögen des anderen Auges zu überprüfen. Wichtig dabei ist, das abgedeckte Auge nicht zusammenzukneifen, da dies das Ergebnis verzerren könnte.
  3. Betrachten Sie das Gitter aus einer Entfernung von 30-40 cm.
  4. Schauen Sie direkt auf den schwarzen Punkt in der Mitte des Gitters.
  5. Wiederholen Sie die Schritte 1 bis 4, um das andere Auge zu überprüfen.

Falls die Linien verschwommen oder gewellt erscheinen oder Sie dunkle oder leere Stellen bemerken, sprechen Sie umgehend mit Ihrem Augenarzt darüber!

Wie wird das diabetische Makulaödem diagnostiziert?

Eine sichere Diagnosestellung ist nur durch einen Augenarzt (Ophthalmologen) möglich. Die Untersuchung beim Augenarzt beginnt mit einer Befragung zu Ihrer Krankengeschichte und zu aktuellen Beschwerden. Der Augenarzt möchte unter anderem wissen, ob Sie neben dem Diabetes noch weitere Erkrankungen haben, welche Medikamente Sie einnehmen und ob Sie bereits Sehstörungen bemerken.

Anschliessend folgen einige Untersuchungen:

  • Bestimmung der Sehschärfe.
  • Untersuchung der vorderen Augenabschnitte (Bindehaut, Hornhaut, Iris und Linse) mithilfe einer Spaltlampe.
  • Untersuchung des Augenhintergrunds: Zunächst wird die Pupille mit Augentropfen erweitert, damit der Augenarzt mithilfe einer Lupe die Netzhaut und den Glaskörper gut beurteilen kann. Wegen der erweiterten Pupillen können Sie nach der Untersuchung schlechter sehen, daher dürfen Sie für einige Stunden nicht selbst Auto fahren.

Falls bereits Schäden an der Netzhaut vorliegen, sind weitere Untersuchungen sinnvoll:

  • Messung des Augeninnendrucks.
  • Optische Kohärenztomographie (OCT): Bei dieser Untersuchung wird ein ungefährliches Laserlicht auf die Netzhaut gerichtet. Damit lassen sich die verschiedenen Schichten der Netzhaut darstellen und der Arzt kann beurteilen, ob sich Gewebeflüssigkeit im Bereich der Makula angesammelt hat (Abb. 3a und 3b). Die OCT ermöglicht eine sehr genaue Darstellung kleinster Netzhautstrukturen und kann auch zur Überprüfung des Therapieerfolgs eingesetzt werden.
  • Fluoreszenz-Angiographie: Dabei wird ein Farbstoff in die Armvene gespritzt, der in die Blutgefässe des Augenhintergrunds gelangt. So kann der Augenarzt die Gefässe im Auge besser beurteilen und Schäden im Bereich der Makula feststellen, die besonders behandelt werden müssen.
Abb. 4: gesunde Makula (links) im Vergleich zur diabetischen Makula (rechts).

Wie reagieren Betroffene, wenn bei ihnen ein DME diagnostiziert wurde?

Eine Störung des Sehvermögens führt zu Unsicherheit und Angst. Menschen, bei denen ein diabetisches Makulaödem gerade neu diagnostiziert wurde, sind oft noch im Arztgespräch so beunruhigt und emotional belastet, dass sie nicht in der Lage sind, einen klaren Gedanken zu fassen und ihre Fragen zu formulieren. Hier schildern einige Patienten, was sie nach der Diagnosestellung gedacht haben:

„Muss ich jetzt eine lebenslange Therapie machen? Wie ist meine Prognose? Nachdem ich die Diagnose „diabetisches Makulaödem“ erfahren hatte, war ich so geschockt, dass ich nicht in der Lage war, meine Fragen vorzubringen.“
„Ich wusste nicht viel über die Makula, aber viel gefragt habe ich nicht. Ich habe versucht zu ‚verdauen‘, was ich gerade erfahren hatte.“
„Mir gingen tausend Fragen durch den Kopf: „Werde ich blind? Werde ich meine Arbeitsstelle verlieren? Wo bekomme ich psychische und finanzielle Unterstützung?“
„Ich hätte mir gewünscht, dass man mich sorgfältiger über die Erkrankung aufklärt. Ich war froh, dass ich eine Begleitperson dabei hatte.“
„Anderen Patienten würde ich wünschen, dass sie sorgfältig aufgeklärt werden, um sich vor der Therapie nicht fürchten zu müssen.“
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Tipps für den Besuch beim Augenarzt

Wenn Sie Sehstörungen bei sich bemerkt und daher einen Termin beim Augenarzt vereinbart haben, empfehlen wir Ihnen,

  • sich von einer Person Ihres Vertrauens begleiten zu lassen. Vier Ohren hören mehr als zwei! Ausserdem kann Ihre Begleitung die wichtigsten Inhalte des Arztgesprächs notieren.
  • Schreiben Sie Fragen auf, die im Anschluss an das Arztgespräch möglicherweise auftauchen und besprechen Sie diese beim nächsten Termin.

Fragen und Antworten zu diabetischen Augenerkrankungen/DME

Mein Vater ist 66 Jahre alt und wird wegen Diabetes und Bluthochdruck mit Tabletten behandelt. Seit einiger Zeit klagt er darüber, dass ihm Zeitunglesen zunehmend Mühe macht. Nun hat der Augenarzt bei ihm ein diabetisches Makulaödem auf beiden Augen festgestellt. Was ist das genau?

Diabetes schädigt die kleinen Blutgefässe in den Augen. Daher kann aus diesen Gefässen Flüssigkeit in das umgebende Gewebe austreten. Die Makula ist der Ort des schärfsten Sehens, mit dem wir feine Details wahrnehmen können. Wenn sich Flüssigkeit aus vermehrt durchlässigen Gefässen im Bereich der Makula ansammelt, schwillt diese an (Ärzte bezeichnen dies als „Makulaödem“) und es kann zu verschiedenen Sehstörungen kommen. Je früher ein diabetisches Makulaödem festgestellt wird, umso besser sind die Behandlungschancen.

Bei mir wurde kürzlich ein Diabetes Typ 2 diagnostiziert, der mit Tabletten behandelt wird. Nun habe ich gelesen, dass Diabetes zu verschiedenen Folgeerkrankungen führen kann. Die Vorstellung, dass mein Sehvermögen durch den Diabetes nachlassen könnte, macht mir grosse Sorgen. Was kann ich tun?

Falls noch nicht geschehen, sollten Sie einen Termin bei Ihrem Augenarzt vereinbaren. Er wird Ihre Augen untersuchen und die Netzhaut und Makula am Augenhintergrund beurteilen.

Für Ihre Augengesundheit ist es wichtig, dass Ihre Blutzuckerwerte gut eingestellt sind. Bitte nehmen Sie Ihre Diabetesmedikamente so ein, wie mit dem Arzt abgesprochen und nehmen Sie Ihre Kontrolltermine regelmässig wahr. Falls Sie zu hohe Blutdruckwerte haben, sollten diese gesenkt werden. Achten Sie auf eine ausgewogene, gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und rauchen Sie nicht – Rauchen schädigt die Blutgefässe im ganzen Körper, auch die feinen Gefässe in den Augen.

Vor 12 Jahren wurde bei mir ein Typ-1-Diabetes diagnostiziert. Weil sich meine Sehschärfe auf dem rechten Auge verschlechtert hat, war ich kürzlich beim Augenarzt. Nun werde ich wegen eines DME rechts behandelt. Muss ich damit rechnen, dass sich auch an meinem linken Auge ein DME entwickelt?

Das kann nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden. Aus Untersuchungen weiss man jedoch, dass ein DME nicht immer beide Augen betrifft: In etwa 40 % der Fälle liegt nur auf einem Auge ein DME vor.