Die Zeit in der Reha

Erst angekommen, sah ich mein neues, rollstuhlgängiges Zimmer, es war wirklich wunderschön. Es hatte grosse Fenster und es kam so viel Licht von der Sonne herein.

Doch eigentlich wäre ich viel lieber nach Hause gegangen, anstatt wieder in eine andere Einrichtung zu wechseln. Da ich halbprivat versichert bin, teilte ich das Zimmer mit einer netten Dame. An meinem ersten Tag stellten sich wieder viele neue Ärzte vor und wie bereits viele Male zuvor, musste ich wieder unzählige Fragen beantworten. Das heisst, wo ich überall in den Ferien war, ob in der Familie vererbbare Krankheiten aufgetreten sind und vieles mehr. Danach hatte ich viel Zeit, um meine Sachen einzuräumen. Ich benötigte diese Zeit auch, da ich immer noch halbseitig gelähmt war und mich im Rollstuhl bewegen musste. Immer wieder liefen mir die Tränen runter. Ich war alleine in meinem Körper gefangen und alles war komplett neu. Später wurde ich für das Abendessen abgeholt. Ich wurde an einen Vierertisch gebracht, mit zwei Männern im mittleren Alter und einem sehr jungen Mann. Die zwei älteren Männer begannen sofort mit mir zu plaudern und wollten natürlich wissen, warum ich im Rollstuhl war. Es war so schwierig diese Frage zu beantworten, da ja nach wie vor kein Arzt mir sagen konnte, was wirklich mit mir los war und um welche Krankheit es sich handelt.

Endlich kam mein Besuch, meine Eltern, meine Schwester und mein Freund. Wir gingen in die Cafeteria und natürlich wollten gleich alle wissen, wie der erste Tag war und wie mein Programm für den nächsten Tag aussieht. Ich erhielt immer am Abend mein Programm für den folgenden Tag mit all den geplanten Therapien. Dies war super für meine Orientierung und so konnte ich mich darauf einstellen, ebenso für geplante Besuche aus meinem Umfeld. Um 22.00 Uhr musste der Besuch wieder gehen, also haben sie mich zurück ins Zimmer gebracht. Was ihnen jedoch nicht bewusst war, mein Zimmer lag gerade beim Ausgang, bei offenem Fenster konnte ich noch ein bisschen hören, was sie sagten und insbesondere ihr Lachen. Das Schlimme für mich war, sie gingen nach Hause und ihr Leben ging einigermassen normal weiter. Mein Leben hingegen war ein Scheiterhaufen und niemand konnte mir sagen, wie es weiter geht. Mir war alles andere als zum Lachen und die Situation machte mich sehr traurig. Oft musste ich weinen. Ich hatte so oft Angst vor dem alleine sein und vor meinen Gedanken über meine Krankheit und meine Zukunft, also versuchte ich so schnell wie möglich zu schlafen. Doch meine Nachbarin schnarchte dermassen laut, ich konnte einfach nicht einschlafen. Ich hatte es mit dem Fernseher probiert und mit dem Radio, aber nichts hatte geholfen. Um drei Uhr nachts hatte ich geläutet, bekam Ohropax, doch leider verbesserten diese überhaupt nichts. Viel von meinem ersten schwierigen Tag weiss ich nicht mehr, ausser, dass ich total müde war und keine Energie hatte für irgendwelche Therapien. Ich weiss aber noch, dass ich den ganzen Nachmittag geschlafen habe, da ich einfach nicht mehr konnte.

Leider war die zweite Nacht genauso schlimm wie die Erste. Ich läutete und ein Arzt schaute nach mir. Er verstand mein Problem und ich durfte das Zimmer wechseln. Das neue Einzelzimmer hatte nur einen Haken. Es befand sich in der Abteilung für selbständige Patienten*innen und es gab da fast keine Pflege. Das Zimmer war überhaupt nicht schön und abgelegen, da es jedoch ein Einzelzimmer war und mir das Schlafen wichtig war, stimmte ich trotz allem diesem Wechsel zu. Ich musste jeweils meinen Rollstuhl beim Lift hinstellen, mit dem Lift hochfahren und mich an den Wänden in mein Zimmer entlang schleichen, dafür konnte ich sehr gut schlafen.

Durch die vielen Therapien und mit einem strengen Programm habe ich langsam Fortschritte gemacht und kleine Bewegungen konnten neu erarbeitet werden. Medikamente bekam ich keine mehr. Die Reha war wirklich toll. Ich hatte sehr freundliche und verständnisvolle Therapeuten*innen und die Vielzahl an Therapien, die sie mir anbieten konnten, waren wirklich wahnsinnig. Ich hatte Physio- und Ergotherapie, Logopädie, Baden, Reiten, Klangtherapie, Training am Computer und Fitness. Mein Hobby und meine grösste Leidenschaft sind seit je her das Reiten. Deshalb bekam ich auch Hippotherapie, was auch meiner Seele guttat. Mein grösster Ansporn wieder gesund zu werden war, unbedingt wieder auf mein Pferd sitzen und reiten zu können. Gerade deshalb habe ich fleissig alle Therapien besucht und alles gegeben. Mir ging es auch von Woche zu Woche besser und ich machte gute Fortschritte. Den Umständen und dem Schicksalsschlag entsprechend hatte ich mich gut eingelebt, hatte tolle und unterhaltsame Essen mit den drei Herren, die mir Vertrautheit gaben und die Einsamkeit ein wenig vergessen machten. Wir hatten es so gut zusammen, dass wir auch gemeinsam mit Besuchern in die Cafeteria gingen. So verging die Zeit, jetzt war ich schon ganze drei Wochen in der Reha.

Eines Tages wurde mir jedoch plötzlich bei jeder Bewegung sehr schlecht und ich musste mich immer wieder übergeben. Mein Arzt hatte mir schon beim Eintritt ganz klar gesagt, bei einer Verschlechterung meines Allgemeinzustandes müsse ich wieder zurück ins Spital. Mein Gesundheitszustand verschlechterte sich in kurzer Zeit massiv und es ging mir wieder viel schlechter. Mein Arzt wollte sich nicht auf eine Diagnose festlegen und war über die Verschlechterung meines Gesundheitszustandes ebenso überrascht wie ich. Es kam leider der Moment und ich musste unverzüglich wieder ins Spital zurücküberführt werden.

Wie es weiter ging, schreibe ich in meinem nächsten Blog.