Chef, ich habe MS – den Vorgesetzten informieren

Gerade bin ich auf Jobsuche. Wie und wann ich meinem neuen Arbeitgeber über meine Multiple Sklerose informieren werde, weiss ich noch nicht. Bis jetzt hatte sich das immer spontan aus der Situation heraus ergeben. Doch seit ich von der Reise zurück bin, beschäftigt mich diese Frage wieder vermehrt, da das Thema bei mir gerade aktuell ist.

Bei meinem letzten Arbeitgeber habe ich meine Krankheit während der Probezeit erwähnt und da stiess ich zum ersten Mal auf Ernüchterung beim Gegenübersitzenden. Damals wurde mir gesagt, dass ich das besser schon am Bewerbungsgespräch thematisiert hätte. Die Firma sei von mir enttäuscht. Nach dieser Aussage war ich ehrlich gesagt etwas durcheinander. Denn ich weiss bis heute nicht, wo der Unterschied gelegen hätte? Ich bin übrigens auch enttäuscht, dass ich an MS leide und deshalb hält sich mein Mitleid, dass andere darüber enttäuscht sind, wie und wann ich dies erzähle, sehr in Grenzen.

Wegen meiner MS traut man mir weniger zu

Diese Erfahrung zeigte mir genau, was viele Menschen über Personen mit MS oder mit einer anderen Krankheit denken: Sie trauen Dir weniger zu. Oder denken gar, dass Du vielleicht nicht im Stande wärst, gewisse Arbeiten zu erledigen.

Auf Jobsuche: Lucile bewirbt sich

Ich brauche einfach ein bisschen Zeit, bis ich jemandem meine Krankheit anvertrauen kann. Ob neuen Freunden oder meinem neuen Arbeitgeber – es ist für mich ein immer noch sehr schweres Thema, obwohl ich schon seit zehn Jahren mit Multipler Sklerose lebe.

«Angst ist die andere Hälfte von Mut.»

REINHOLD MESSNER

Den Satz auszusprechen: «Ich habe MS.» – das bringe ich einfach nicht so leicht über meine Lippen.
Automatisch sind die Augen des Gegenüberstehenden erschrocken und mit Mitleid gefüllt. Ich bekomme oft das Gefühl, eine Schwäche zu zeigen oder mich rechtfertigen zu müssen. Obwohl ich mir das ganze MS-Thema nicht ausgesucht habe.

Wann ich über MS spreche, ist meine Sache

Die MS ist zu mir gekommen. Ich habe bestimmt nicht nach ihr gesucht. Dass ich an einer Krankheit leide, ist mein Geheimnis und deshalb teile ich es, mit wem und wann ich es möchte. Ich finde nicht, dass irgendjemand das Recht hat, seine Enttäuschung darüber auszusprechen – ausser ich selbst.

Ich kann Dir also jetzt in diesem Moment leider nicht sagen, wann man so etwas seinem (zukünftigen) Arbeitgeber am besten mitteilt. Aber ich finde, keiner sollte sich dafür schämen, dies mitzuteilen. Es braucht viel Mut, in diesem Moment, die Karten auf den Tisch zu legen. Und Du kannst sehr stolz auf Dich sein. Auf das, was Du schon alles geschafft hast – trotz Deiner MS oder einer anderen Krankheit. Ich finde, es ist eine sehr intime Information und man erklärt so etwas auch nicht zwischen Tür und Angel.

Meiner Meinung nach bist Du also nicht verpflichtet Deine MS in einem Vorstellungsgespräch oder bei Deiner Arbeitsstelle mitzuteilen. Dies musst Du meiner Meinung nach erst tun, wenn Du aufgrund Deiner Erkrankung in absehbarer Zukunft arbeitsunfähig bist oder Dich Deine Behinderung in Deinen Tätigkeiten einschränkt. 

Liebe Grüsse